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DER HELLE WAHNSINN

„Der helle Wahnsinn“ - ungezähmt, hemmungslos und provokant.
 
Verdreckte Fliesen, muffiger Sperrmüll - und ein schwuler Entertainer, der das KZ überlebt hat. Das ist der Stoff für „Der helle Wahnsinn“ - eine schrille Revue, die die Lust am Leben zelebriert.
Denn das ist Slapstick mit Botschaft, Artistik mit theatralischer Qualität und eine witzig-pointierte, stets nach mehr klingende Originalpartitur als perfektem Stilimitat, wie man es nicht für möglich gehalten hätte. Ein mitreißendes Musical mit körperbetonten Einlagen und LGBT-Message, ein Bastard aus „Cabaret“, „Bent – Rosa Winkel“ und „Einer flog über das Kuckucksnest. Denn im gruftigen Post-Nazi-Asyl, wo das Doktor-Freud-Porträt nur unzulänglich das Adolf-Bild überdeckt, wird ab sofort von den der Euthanasiehölle entronnenen schizophrenen, zwangsneurotischen, androgynen, schwulen, ziganen und schwarzen Insassen der Paragraf 175 in den Boden getanzt, statt den „Heil Hitler“ marschiert man den „High Heeler“.
Möglich macht das ein, einst im KZ geschundener Herbert Maria Freiherr von Heymann (Jack Woodhead, der am Klavier sitzt und die Musik geschrieben hat: „Streifen machen schlank“, dürre Diva in Pailletten-Pumps). Der inszeniert mit dem vorhandenen Balla-Balla-Gaga-Personal eine Freakshow, die höchste Artistik, Betroffensein und schräge Faltenwürfe ganz locker bündelt. Der Mörder mit der Zwangsjacke (Florian Zumkehr) macht Handstandmännchen auf dem Stuhl, Kraftkerl Hans die Woge (Rummelsnuff) lässt die Brustmuskeln einzeln zucken und grummelt Albers-Lieder. Die 69-jährige (Doris Maxheimer) steigt als knochenlose Königin der Nacht in die Vertikaltücher. Sie alle sind hier nicht nur für ihre Nümmerchen zuständig, sondern tragen die ganze Zeit auf der Bühne auch als Schauspieler und Sänger diesen so seltsamen, wie sinnlich-sensiblen, ja surrealen Abend.
Es gibt schräge Clownerie von den (Collins-Brüder) und alberne Witze, epileptisches Gezuckel und sogar eine rostige, aber leuchtende Showtreppe in der Klapsmühle. Powerröhre (Sarah Bowden) mutiert als braune Lili Marleen zur Josephine Baker. Staccatosteppend und burleskstrippend treibt sie ihre Mitpatienten als Möchtergernstars voran. Hier sind eben alle total Banana, wenn sie nicht nebenbei auf dem Seil tanzen, sich überschlagen, Rollschuh fahren, Kartoffeln zerquetschen, Ketten sprengen oder mit den Zehen Reifen jonglieren.
Selbst Nachtschwester Hildegard spielt singend und mit Affenmaske Cello. Und der punkige Bassist Mr. Wonderland gibt den trashigen Onkel Sam, der sie alle ins gelobte Showbiz-Land Amerika entführen soll. Dazwischen irrlichtert ballettös als biegsamer Schmetterling der halbseidene Schlangenjunge Punka Rosa (grandios zwittrig mit filigranem Sixpack-Kautschukbauch: David Pereira) im Mädchenkleid und will, wie alle hier, nur eines: geliebt werden. Das muss man gesehen haben.
Eine Produktion von Wintergarten in Zusammenarbeit und freundlicher Unterstützung von BASE BERLIN. Änderungen vorbehalten.
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